100 Jahre Frauenwahlrecht und die First Lady
hat auch etwas zu sagen
Berlin, 17. Januar 2019, Dirk
Glomptner
Feierstunde im Bundestag, Jubiläumsparty im
Bellevue, das Stimmrecht der Frauen wird gefeiert, zu Recht,
denn es ist ja vor allem eine Rechtssache, die die Politik
feiern kann. Dass das Wahlrecht der Frauen seit 1919
insbesondere den Sozialstaat hervorgebracht hätte, wie die
Frauenforschung behauptet, dürfte zwar einigen Einfluss auf
gewerkschaftliche Forderungen bewirkt haben, aber dass die
noch immer patriarchialen Gewerkschaften je die Forderung
einer Geschlechter-Parität in den Vorstandsetagen oder doch
zumindest einer weiblichen Quote in ihre Tarif-Verhandlungen
aufgenommen hätten, Nein, nimmer nie. Dabei scheinen es
einzig die Gewerkschaften zu sein, die im Feld der
Wirtschaft effektiv dafür Sorge tragen könnten, dass die von
den Politikern immer wieder angemahnte Besetzung von
Vorstandssitzen mit weiblichen Führungskräften durchgesetzt
werden kann. Daraus ist zu schließen, dass es sich mit
Bsirske & Co. bei der zur Zeit streikenden Ver.di nicht
anders verhält als in multinationalen Konzernen.
Wie aber sieht es im Schloss Bellevue aus? Die
Fortschrittlichkeit dort kennt ja keine Grenzen: Die
Frau Bundespräsidentin Elke Büdenbender lud den
Deutschen Juristinnenbund zu einer Jubiläumsfeier ins
frühklassizistische Lustschloss Bellevue
und sie durfte das Schlusswort, mithin das letzte Wort,
zumindest in Frauensachen, sprechen. Super! Weiter so!
Einen Eindruck wie es um das Frauenwahlrecht anno dazumal
zuging, vermittelt vorzüglich die Schweizer Filmkommödie Die
göttliche Ordnung (2017). Vor dem Hintergrund der 68er
Studentenrevolte und den bergigen Provinz-Verhältnissen in
der Schweiz wird das, was im Kaiserreich mit seiner Ordnung
von Gottesgnaden noch undenkbar, anschaulich.