Männer
Sternennacht
Sternennacht am kalten See
die Autos rauschen leis´ am Horizont
ein Licht das scheint die Stadt ins Land
in das sie spricht:
Komm´ von hier bin ich Zuhaus´
Kennst du diese Verse?, fragte Parzi den Logrin.
Der Schwanenritter war von seiner schweren Maschine, eine 900er
Brumbrum abgestiegen und hatte sich zu den anderen Edlen von der
Männerrunde gesetzt. Von weitem waren sie prächtig anzusehen.
Beleuchtet vom Schein des Feuers, das in ihrer Mitte loderte,
saßen sie im Kreis zusammen. Erst hatte sich Lord Bimbo inkarniert
und getrommelt, so dass jeder mit seinem Instrument und vor allem
mit seinem Geschrei, Rufen, Tönen, Tanzen und Bewegen die
mitgebrachten Geister abschütteln konnte. Wenn das geschehen war
kehrten sie rituell mit magischen Reisigbesen diese Geister auf
ein Sternentuch und wenn das Feuer brannte, warfen sie es hinein.
Je nachdem, was für Geister sich darin befanden, flammte es hoch
auf oder brachte züngelnde Stichflammen hervor, die in grün, blau,
gelb und orangenen Farben hoch in die dunkle Nacht bis zu ihrem
jeweiligen Sternenzeichen zischten. Das war das Feuerzeichen, das
es auszudeuten galt, so wie man in Züri den Böögg
ausdeutete, um zu wissen, wann man dieses Jahr aussäen und das
Vieh auf die Alm zu treiben hatte. In den letzten Jahren nach der
großen Pandemie hatte es aber immer weniger geklappt mit dem
Ausdeuten der heiligen Runen und Feuerzeichen und das wiederum
liegt an der Klimakrise, meinte Logrin in die Runde der Edlen vom
Seenland. Das veränderte Wetter, die Stürme, die Dürren, die
Eiszeit des Winters, der sich dem Ende neigt, das sind alles nur
Krankheitssymptome, Äußerlichkeiten ein und derselben Ursache.
Eine kühle Brise wehte vom See her und mancher legte sich den
wollenen Mantel um. Auf dessen Rücken prankte das rot-grüne Tao
Zeichen ihres Ordens vom Heiligen Gral. Die beiden Tao-Augen
jedoch waren zwei übereinander geschobene Herzen, einmal in
rot-grün und das andere Mal in grün-rot.
Still saßen sie jeder für sich eingehüllt von der
Dunkelheit der Nacht und blinzelten in den Feuerschein in ihrer
Mitte. Langsam nahm die Hitze ab. Malte von Estragon legte ein
paar Holzscheite nach. Nun war es Zeit, den Gralsgeist in ihr
Gespräch zu bitten. Wie in der Kirche die heilige Liturgie so
hatten diese Gralsritter einen festen Ablauf ihrer Zusammenkunft.
Immer
dasselbe, doch jedes Mal anders, liefen ihre Männerrunden
immer nach demselben Muster ab: Erst die Geister abschütteln und
ins Feuer geben, dann im Kreis sitzen und in seiner Stille den
Heiligen Gralsgeist herbei bitten. Dazu wurde auf einem goldenen
Rundtablett der mit Edelsteinen geschmückte Gralskelch im
Uhrzeigersinn, also mit der Zeit gehend, herum gereicht. Im
Gralskelch befand sich eigentlich nichts weiter als frisches
Quellwasser. Es mundete vorzüglich. Je nachdem, wie man sich
fühlte und wie viel Wahrheit man wollte, nahm man von dem
köstlichen Gralswasser. Manchmal ging der Kelch dreimal herum und
dennoch war er nimmer nie leer. Jedes Mal gab es noch etwas in das
Feuer zu kippen, so dass es zischte und dampfte. Ein besonderer
Geruch von Weihrauch, Myrrhe und Kräutern aus dem fernen Orient
duftete dann in der Nase. Nach dem Trunk dauerte es gewöhnlich
eine halbe Stunde und der große Geist mischte sich in ihre Worte.
Mal hier, mal da ließ er sich hören und zwar sowohl direkt und
unmittelbar jedoch immer versteckt als auch, dass er unhörbar als
ein sich ergebender Gedanke sprach.
An diesem Abend war die Frage, was es nach der
ersten Global-Pandemie zu tun gab und zwar nicht nur im ganz
alltäglichen Leben, sondern im Allgemeinen der besonderen
Umstände, die sich aus den erfolgreichen Abenteuern der
vergangenen Wochen ergaben. Hinzu kam die Klimakrise als auch die
explosionsartige Vermehrung der Buntspechte, die in jeden zweiten
Baum ein Loch hinein hämmerten. Die objektiven persönlichen sowie
allgemeinen Metadaten von facebook fasste jeder in seinem kurzen
Bericht zur Lage zusammen. Heraus kam, dass der Weltuntergang im
Kleinen wie im Großen näher rückte, wobei Marlin erzählte, er sei
durch den Mammutwald bis zur Kreidefels-Steilklippe gekommen, sei
dort bis hoch oben in die Spitze von Otto, dem Mammutbaum,
gestiegen und der habe ihn auf seinem Rüsselast einmal im Kreis
durch die Luft hoch über den Abgrund fliegen lassen, unter ihm
nichts, nur die Tiefe und dann das Meer, endlos. Ich habe mich
ziemlich erschrocken, so plötzlich hoch droben auf Ottos
Mammutbaumrüssel durch die Luft zu fliegen, aber dann hat er mich
wieder sicher abgesetzt. Ohne auf diese Geschichte näher
einzugehen, trötete nun der Edle vom Gazakäse, Schuld an der
Buntspecht-Explosion sei das Gendern der Ameisen. Sie hätten mit
ihrer geschlechtsneutralen Beliebigkeit die Stadt, fleißig wie sie
ist, immer größer und noch größer und noch höher gebaut und
rundherum alles kahl gefressen. Deshalb gelte es, die Ameisenstadt
der emsigen Bienen zu erobern und dem Erdboden gleich zu machen. -
Wie?, fragte Rambo von Wuppich. Du willst mein Stadtschloss und
meine Brauerei ruinieren? Du spinnst wohl! Tatsache war, jeder der
Gralsritter hatte in der Emsigstadt einige Besitzungen und Pfründe
und niemand wollte nimmer nie seine Zukunft, die es ihren
Berechnungen nach ehe nicht mehr gab, opfern. Ratloses Schweigen
schwieg sich still und leise schlich sich der große Geist davon.
Doch diesmal ließ er Puzzelteilchen vom großen Ganzen, ein
verwirrtes Wollknäuel liegen. Es reiche, murmelte er im Bach, bis
zum Raum-Zeit-Loch, wenn es entwirrt über Stock und Stein gelegt
auf einem Baumstumpf ende.
Freitag, 14. März 2025
10.00 Uhr
Schloss Bellevue
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Tagesschau ARD
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