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Leipzig, 4. März 2022, DG
In diesen welterschütternden Tagen des russischen Ukraine Krieges, der auch ein Medienkrieg ist, stellt sich die Frage der Echtheit der Bilder im besonderen Maße. Alte Tyrannen erscheinen jung und frisch und Bilder der Zerstörung, der Flucht und des Elends, die aus längst vergangenen Kriegen stammen, sollen das jeweilige Geschehen belegen. Wenn die Aussagekraft der Bilder eine rein dokumentarische Funktion hat, dann mag das ja noch angehen, wenn sie aber entscheidungsrelevante Informationen bezüglich neuester Entwicklungen transportieren, wird es kritisch. Ein Foto, ein Video von einem brennenden Atomkraftwerk demonstriert demnach die Tatsache, dass der Krieg nicht einmal Halt macht vor der Zerstörung dessen, worum überhaupt gekämpft wird, nämlich um den Wohlstand in einer lebenswerten Welt, um es auf diesen gemeinsamen Nenner menschlichen Sinnens und Trachtens jenseits von Weltanschauungen und politischen Ansprüchen zu bringen. Dass es sich um keine Fotomontagen für ein Computer animiertes War Game handelt, dürfte klar sein. Wer aber könnte überprüfen, ob der Angriff auf das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine für sich genommen nichts anderes ist als ein Schrecken verbreitender Scheinangriff mit dem Ziel, der NATO als auch den Ukrainern unmissverständlich vor Augen zu führen, wozu das russische Militär in der Lage ist? Auf die Frage, welche Schutzvorrichtungen im Fall einer ukrainischen Atomkatastrophe bestehen, erwiderte der Vize-Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von Leipzig, Burkhard Jung den ich anlässlich der Übergabe von Archivalien der jüdischen Gemeinde zu Leipzig ansprechen konnte: „Ja, wir haben Katastrophenpläne.“ … und keine Zeit, schloss ich, denn schon wollte er weiter zum nächsten Termin als ich ihn noch nach bestehenden Kontakten zu einflussreichen Größen in Moskau, zum Patriarchen, der unlängst wegen der Renovation der russischen Gedächtniskirche St. Alexi in Leipzig war, fragen konnte. |
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Ja, man sei in Kontakt, auch auf kommunaler Ebene der Städtepartnerschaften versuche man im Gespräch zu bleiben, erwiderte er. Genaueres wusste er aber nicht zu sagen, insbesondere dazu, wer nach Putin, insoweit sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt daran denken lässt, die Geschäfte der russischen Regierungspartei Einiges Russland übernimmt. Jelzin war Bürgermeister von Moskau als er aus dem chaotischen Nebelmeer des sowjetischen Zusammenbruchs 1990 als neuer Präsident hervorging. Der heutige Bürgermeister von Moskau, Sergei Semjonowitsch Sobjanin, ist demnach ein potentieller Putin-Nachfolger, genauso wie der Gouverneur von Sant Petersburg Alexander Beglov. Ob Sobjanin´s gute Beziehungen zum Oligarchen Vladimir Bogdanov, ein Öl Tycon, entsprechende Vorteile verschaffen, so wie Ex-Kanzler Gerhard Schröder vom damaligen VW Chef Piech gegenüber seinem Konkurrenten Oskar Lafontaine profitierte, mag dahin gestellt bleiben, zumal auch ein Alexander Beglov einige Wirtschaftsgrößen um sich scharren dürfte. Dass so etwas wie die Nachfolge Putins unter den gegenwärtigen Herrschaftsverhältnissen des Krieges nur unter vorgehaltener Hand vor sich gehen kann, versteht sich von selbst. Insbesondere wird dieser so keck und intelligent wirkende Präsident Putin darauf achten, die Schar seiner möglichen Nachfolger gegeneinander auszuspielen. Jedoch allein eine solche Überlegung zeigt den allmächtigen Präsidenten als einen unter anderen und eben nicht mehr als Iwan den Schrecklichen, der seine Untergebenen öffentlich zusammenfaltet und in den ungeliebten Krieg gegen die Ukraine schickt.
Über eine Zeit nach Putin nachzudenken ist spekulativ, genauso wie beurteilen zu wollen, ob die Bilder und Nachrichten, die Statistiken und seinerzeit die Wahlergebnisse der DDR auf Fake, auf Lug und Trug der erbittert um die Vorherrschaft kämpfenden Systeme beruhen. Als OBM Jung heute, im wohl modernsten Stadtarchiv Deutschlands, die Archivalien der jüdischen Gemeinde zu Leipzig symbolisch in Empfang nahm, waren diese Zeugnisse einer glänzenden Vergangenheit des deutschen Judentums über jeden Zweifel ihrer Echtheit erhaben. Nach fünf jähriger Diskussion in der jüdischen Gemeinde, die vor dem Krieg gut 20.000 Menschen zählte und heute wieder angewachsen ist auf 1.300 Gemeindemitglieder, wurde die Entscheidung gefällt, sie im Rahmen eines Deposital-Vertrages treuhänderisch ins Stadtarchiv zu geben. Ob es dort einen Erinnerungsraum an das jüdische Leben in Leipzig geben wird, ist fraglich, denn die Inventarliste der Synagoge aus dem neunzehnten Jahrhundert, die Deportationslisten in die Vernichtungslager nach Auschwitz, Theresienstadt oder Buchenwald oder das Wählerverzeichnis zur Gemeinderatswahl von 1924 werden vor allem wissenschaftlich genutzt.
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