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Monaco

Die App für Camper und Wohnmobilisten hatte einen Platz finden lassen, der weit oberhalb der berstend vollen Stadt in Sichtweite zur Trophée d'Auguste lag und zwar genau hinter dem katholischen Friedhof von Turbie hieß das Dörfchen, das den Nordländern sogleich als Stadt erschien, weil eine Bar, Marktstände und Läden zum Bummeln einluden.

Als Pazifist, der Welten sein wollte, hatte er aber auch wahrzunehmen, dass die Hügelkuppe vormaligen Militär-Angelegenheiten diente, man befand sich schließlich an einen den monegassischen Küstenstreifen beherrschenden Punkt. Man hatte wohl zu Napoleonischen Zeiten als noch Revolutionslieder in der Truppe kursierten, eine Artillerie Batterie, bestehend aus einem Dutzend Geschützen samt eines massiven Stein-Turmes, auf dem Hügel über der Trophée d'Auguste erbaut. Es waren wahrscheinlich gefangene, feindliche Soldaten, Zwangsarbeiter.

Während unten in der Stadt das Übereinander und Untereinander der Menschen ein Durcheinander ergab, das sich zum einen an den Groß-Yachten der Superreichen auf Reede orientierte als auch am Roulette-Tisch Farben bezüglich der politischen Ereignis-Auswahl bestimmte, während unten also die Hitze des Geschehens einem kochenden Dampfpott glich, herrschte oben, neben der Trophée d'Auguste, schattige Nachmittagsruhe der Temps perdue, in der bekanntlich nichts und zugleich alles geschieht.

Man hat nun diese historische Entwicklung, die sich dort architektonisch in die Landschaft einschrieb folgender Maßen zu erklären: Die von Octavian, dem Göttlichen, besiegten Alpenstämme, schauten sich über Jahrhunderte diesen für sie schmählichen Siegespokal an bis schließlich Napoleon es wagte, sich mit einem Festungsbau neben, ja, sogar über Augustus Octavian zu stellen, also ihn mit einer neu modernen Artillerie-Batterie sowohl schützend als auch bedrohend zu flankieren. Heuer nun mehr verfallen, von der Natur und einem Bienenzüchter zurückerobert verfällt diese Festungsanlage, deren rundes Massiv-Fundament für den Turm die Basis eines Shiva-Fest-Platzes, also ein dem Herakles, dem Dionysos und den anderen Männern gewidmeter Zusammenkunftsort, den die Frauen freilich in Vollmondnächten, Sonnen-Wend-Feiern und bei besonderen, den Männern verschlossenen Ritualen gänzlich für sich meinten beanspruchen zu können.

Es war also a priori ein besonderer Ort, der die aus allen Nähten platzende Polis des Mittelmeer-Städtchens insbesondere von phönizischer Seite bedrohte. Flüchtlingsboote mit Afrikanern und sogar Syrern wurden angeschwemmt an die Küste der beschaulichen Perle des Reichtums. Sie war quasi umstellt von Steuer-Ansprüchen und Abgaben-Verordnungen mittels derer der Nektar des Reichtums in mitgebrachte Schüsseln floss das Manna in Strömen kam das nasse Kalt aus den Bergen kostete Unmengen hatten entsorgt zu werden.

Die Metropol-Region Monaco grenzte unmittelbar an Nizza. An Zulauf würde es der Hügel-Attraktion neben der Trophée d’Auguste nicht fehlen. Das war ein Umstand den das deutsche Kapital immer wieder hervor gehoben hatte, um die Modernisierung ihres Nachbarlandes voran zu bringen. Doch die Franzosen wollten sich ja nichts sagen lassen, wie so macher guter Freund sich gleichfalls nimmer nie gerne etwas sagen lassen wollte, selbst wenn damit durchaus Geschäft und profitabler Gewinn ließ sich generell mit Frankreich erwirtschaften meinte Welten un mehr zum zweiten Male erstaunt bemerkend, dass Frankreich wirklich außerordentliche Chancen zur Selbstverwirklichung bot das Elsass hat wieder Deutsch zu werden hieß es aus den Schützengräben am Hardtmannskopf flogen noch immer die Granaten kamen aus genau solch einer Batterie, die er vor sich sah Welten die pazifistische Aufgabe der Pazifizierung ehemaliger Militär-Anlagen in eine heidnische Festkultstätte deren Lautstärke angemessen reduziert in einem noch zu errichtenden griechischen Theater die gegenseitige Siegesfreude der alten und der neuen Welt zum Ausdruck brachte durch die Trophée de Macron als Repräsentanten der Moderne und der Alpinen Völker des Westens. Es galt also die Le Trophée de la Modernité oberhalb von Monaco zu errichten. Ohne Frage fand dieses Projekt in der monegassischen Patriziats-Versammlung regen Zusprach, was unweigerlich zur Missbilligung der Polis von La Turbie führen musste, bestand diese doch vor allem aus einem gesetzteren Publikum, das Änderungen abhold gegenüber stand. Aber auch hier wusste die kluge Politik des Fürsten Abhilfe zu schaffen: Die geheime Unterstützung einer Bürger-Initiative gegen die touristische Überfremdung würde den konservativen Stadtratschon überzeugen mit der monegassischen Stadtverwaltung einzelne Planungen zu erarbeiten, die sich im gemeinsam publizierten Flächennutzungsplan niederschlagen sollten.





Im Tunnel

Monaco bei Nacht auf dem Rückweg nach Nizza, in dem Tunnel, in dem nach 200 Metern oben ein blaues Schild von der grau-braunen Beton-Decke hängt. Auf ihm steht, beziehungsweise hängt in Bahnhofsschrift:

Frontier

France

Principauté Monaco

und nicht: Principatu de Muneges, weil es eben nach Frankreich geht und das Monegassische eh nur die Mundart eines gallo-italischen Dialektes ist, der auf eine gewisse Genuesische Räuberbande, die Garibaldis, sorry, Grimaldis, wohnhaft in der Republik Genua bis anno 1296 n.C. zurückgeht. Genua, diese Metropole der freien Kaufleute und Mittelmeer-Kapitäne, die sich im Grunde auf fünf Patrizier-Familien reduzieren ließ, lieferte sich im Streit, ob nun mehr kaiserlich oder doch lieber päpstlich eine Schlacht in der Stadt. Die zwei päpstlichen Familien-Dynastien, zu denen die Grimaldis gehörten, hatten gegen die drei kaiserlich orientierten, durch Wirtschaft und Verwandte miteinander verbundene Familien keine Chance. Sie flohen. Ob die Grimaldis noch ein paar Sachen zusammen packen konnten, mag dahin gestellt bleiben. Sie zogen westwärts die Küste entlang, wobei sie einem Bienenschwarm auf der Suche nach einer neuen Bleibe glichen, bis sie vor den Toren von Nizza auf die kaisertreue Festung Monaco stießen. In einer Nacht- und Nebel-Aktion überrumpelten sie die genuesische Garnison über der Hafenbucht, in dem sie die Garnison mit ihrem Angebot bezwangen, doch lieber ihnen und dem Papst zu dienen und zwar nach einer Besoldungs-Anhebung um eine Gehaltsgruppe plus Pensionsansprüchen. Aufgenommen und Eingegliedert in die Grimaldi-Truppe mit dem Grün-Roten Queerstreifen - am Hut mit Federn getragen, hörten sie den Funkspruch im Tunnel de Rocher sei einer stehen geblieben.

Siri vom Navi sagte nichts mehr. Kein GPS Signal. Der Tunnel schien über eine längere Strecke zu gehen. Es würden Minuten einer Tunneldurchfahrt durch die stickige Enge einer durchgängigen grau-braunen Betonröhre im gelben Neonlicht der Tunnel-Beleuchtung. Die Tacho-Anzeige leuchtete keine Anormalitäten. Plötzlich wurde der Motor langsamer. Michael Welten schaltete den Dieselmotor runter, der Motor beschleunigte kurz und begann wieder zu versacken. Trotz Gas-Pedal-Drückens keine Leistungssteigerung, keine Beschleunigung, eher im Gegenteil: Der Motor ging immer weiter runter, dementsprechend fiel die Nadel des Drehzahlmessers unter den grün markierten Bereich. Schließlich fing der Motor an zu ruckeln, in etwa so als versuche ein großer Moschusochse etwas lästiges abzuwerfen, dann blieb Herbert stehen, sein Motor starb ab. Der Wagen rollte gegen die Steigung des Tunnels aus. Michael Welten drückte den roten Schalter der Warnblinkanlage. Das rhythmische Tackern bestätigte die Funktion der gelben Warnleuchten im Heck. Hinter ihm stauten sich monegassische Luxus-Limousinen der Oberklasse. Einen revolutionären Akt, wie zum Beispiel es die Last Generation vormachte, sich auf der Start- und Landebahn eines nicht zu weit im Süden gelegenen Flughafens festklebten, hatte Micha Welten nicht beabsichtigt. Er war ein ganz normaler Blödmann, der seine Schrottkiste weder im Griff hatte, noch sich die Wartung für seinen Wagen leisten konnte er sich die schon, nur lohnte sich das noch für dieses Abwrack-Mobil lohnte es sich nicht mehr oder weniger kostete ihn das eine dreitägige Übernachtung und Reparatur plus Abschleppen machte eine Summe, die seinen Finanzrahmen sprengten Reiter dahin und Reiter dorthin versprengten sich die Pferde ohne Reiter trabten sie noch etwas, dann blieben sie stehen und fraßen das Grass am Rande der Rennpiste sahen wir einen stehengebliebenen Wagen, ein weißes Wohnmobil, einen Fahrer der ausstieg, obwohl jeden Moment einer dieser wahnsinnigen Superreichen mit seinem röhrenden Sportwagen die Lücke nützend beschleunigte, um dann … es hätte passieren können … doch Welten blieb ruhig, sein Puls sank sozusagen im gleichen Verhältnis zur Drehzahl. Immer wieder versuchte er den Motor zu starten. Nichts. Der Wagen hatte eine zweite Batterie, an der Batterie lag es nicht. Nach einer längeren Weile sprang er wieder an, lief im ersten Gang ein paar Meter, dann war wieder Schluss und im Rückspiegel herandonnernde Luxus-Limousinen aus Monaco und Nizza und Kuwait, die mondän von Chauffeuren gesteuert blinkten, elegant blinkten und sich im Reisverschluss-Verfahren geordnet und fast so intelligent wie AI-Autos in die zweite Nebenspur einspurten und an ihm vorbei surrten, leise oft elektrisch.

Was sollte er tun? Den deutschen Automobil-Club anrufen? Es dauerte ja ewig bis er durch das ganze Anmeldungs-Prozedere kam. Welten entschloss sich, es noch einmal zu probieren und den Wagen zu starten. Der Wagen sprang an, er kam in den ersten Gang, der zog hoch, er schaltete in den zweiten, er kam, er kam auch noch in den Dritten, dann war es wieder vorbei und der Motor gab auf, die Kompression blieb weg.

Hinter ihm Blaulicht, eine monegassische Polizeistreife in weißer Mittelmeer-Uniform. Welten suchte seine Papiere, der Plastikkarten-Führerschein steckte unter der Kredit-Karte in der Seitentasche der Handyhülle, die im Handschuhfach lag, weil das Iphone 7 plus am Windschutzscheibenhalter hing. Vorsichtig öffnete er die Fahrertür, Lücke, er stieg aus ging um den Wagen vorne herum, so dass ihm der Beamte nicht hätte sagen können, er behindere zusätzlich den Verkehr auf der Nebenspur drängten sich die beiseite gedrängten Autos, die wegen ihm gesperrt war. Er trug die Verantwortung. Was würde der Beamte jetzt mit ihm machen? … Die Skala der Möglichkeiten reichte von sofort erschossen werden bis ... tatsächlich, der Polizist war freundlich, gelassen, ließ sich erklären, dass der Wagen, der Motor, dass Herbert den Geist aufgegeben habe, zwar gelegentlich noch rülpste, aber ansonsten eben nicht mehr wolle oder könne er ihn abschleppen aus dem Tunnel heraus könne ihn nur ein Abschleppwagen bringen, sonst niemand per fürstlichem Dekret-Erlass habe die Familie derer von zu und mit das ausschließliche Recht stehen gebliebene Wagen abzuschleppen, verstand Welten wusste nicht weiter und der Beamte blieb freundlich und ruhig fragte er, ob die Kühlung funktioniere. Welten hatte sie zwei Tage vorher kontrolliert, das würde es nicht sein. Er probiere noch einmal zu starten. Wieder kam er in den ersten, den zweiten und dritten Gang, dann versackte der Motor erneut. Ratlos, es noch einmal und noch einmal probierend entdeckte er rein zufällig über das beleuchtete Armaturenfeld schauend ... das gab es doch nicht! Die Temperatur-Nadel war am Anschlag im super heißen Bereich. Alles klar oder aber kaputt wischte er sich den Schweiß von der Stirn, der nicht lief, auch wenn es stickig warm war im Tunnel rauschten die Autos an ihm vorbei … ssst, ssst, ssst und der nächste, dann kamen überhaupt keine Autos mehr. 20 Meter hinter ihm der blinkende Polizei-Wagen, der Beamte hatte gemeint, es sei nicht mehr weit, gut, er probiere es noch einmal sollte er die Versicherung anrufen, damit die einen Abschleppdienst organisierten, was er leider nicht tun dürfe, abschleppen dürften sie ihn nicht, dass sie ihn für verrückt hielten und er nicht mehr der Herr der Lage wäre der Motor nicht so heiß, würde der Wagen laufen, überlegte er kühl würde er, wenn er nicht lief, also musste er warten und die Polizisten mussten warten und die anderen vor dem Tunnel wurden sie umgeleitet, weil so ein Spinner gegen die Olympischen Sommerspiele in Paris demonstrierte ohne es zu wissen tat er genau das richtige: Er öffnete die Motorhaube hatte er zu erst geöffnet und dann gesehen, dass das Wasser im Kanister für die Kühlung leer war, so leer, wie noch nie. Ein Empty Space, den er sofort auffüllte mit dem Wasser aus dem Küchenkanister. Das Wasser lief und lief und es nahm kein Ende. Welten setzte den Wasserkanister ab und schaute, ob es irgendwo ein Leck gab. Er entdeckte keine Pfütze auf dem Boden. Er kippte weiter Wasser nach. Als der Kanister leer war, gleichfalls ein Empty Space, ein negativ geladener Raum, sagte er sich, dass es Arbeit sei, diesen in den positiv geladenen Normal-Zustand eines aufgefüllten Wasserbehälters zu bringen. Er hatte Durst. Mit der Zunge netzte er seine trockenen Lippen waren gar nicht so trocken. Was sollte er tun? Ohnmächtiges Bewusstsein in aussichtsloser Situation in der es nichts zu tun gab als zu warten, es abkühlen zu lassen, um es dann wieder zu probieren. Der Wagen fuhr wieder eine Strecke. Wieder warten und warten, Gespräch mit dem Policeman, dessen freundliche Ruhe und Gelassenheit beeindruckte Welten ärgerte sich, dass sie ihn nicht abschleppten, es wäre ein leichtes gewesen, so aber machten sie ihn zu einem Last Generation Supporter, der er doch gar nicht war er doch … eigentlich doch … denn vom Ende auszugehen, dass es kommt wie mein ganz persönliches Sterben auch kommt, nur diesmal für alle, weil es das Ende der Welt und der Zeiten ist, dass entweder nicht überlebt, nicht länger überlebt wird - auch nicht auf einer Luxus-Yacht, sondern allenfalls auf einer Luxus-Station auf Erdumlaufbahn 3, also, vom Ende auszugehen, das in der Vorstellung die Zeit der Entscheidung eines anderen ist, der auf den roten Knopf drücken kann oder eben nicht, gefällt mir, denn es bringt mir das Verständnis näher, was das Ende dieser Welt, diese Situation dieser Augenblicke des Geschehens sein kann. Natürlich ist das alles erst einmal nur ganz subjektives Erleben, das andere irgendwann irgendwo vielleicht auch haben. Wichtig ist, dass es nachvollziehbar bleibt … und ruhig, still und ruhig, ergänzte der Police-Officer sprach nur ein paar Brocken Englisch, aber gut, es reichte für den Streifendienst verdiente er als Grenzgänger ein Vielfaches dessen, was ein Kollege in La Turbie bekam er die Übersicht über das Ganze mündete in der „Trophée de la Modernitéund nun das hier war ein heiß gelaufener Motor aufgrund einer Leck geschlagenen Wasserkühlungsleitung. Sehen Sie, da läuft es raus, hinten am Heck. Er startete, wieder lief der Wagen eine Strecke, wieder warten, aber nun war die Ursache klar und das Warten wurde länger und länger zog sich das Ganze hin zum Ausgang des Tunnels fiel die Straße leicht ab, der Motor lief als wäre nichts gewesen, die Polizei-Streife hinter ihm bog irgend wann rechts ab, eine Parklücke war nirgendwo vorher zu sehen war das nicht.

Der Tunnel lag hinter ihm, das Navi ging wieder. Er hielt schließlich auf dem Privat-Parkplatz von Chateau Balsan, legte sich ab und schlief bis ihn die heiße Sonne weckte ihn um halb Sieben.




















Video : 7:41
Le trophée de la Modernité















































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