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Welche Zukunft hat der Westen?

Schloss Bellevue Berlin, im September 2017, Dirk Glomptner

Wer stellt diese Frage? Für wen ist ihre Antwort von Bedeutung? Und welche Schlüsse, um nicht zu sagen welche notwendigen Strategie-Entwicklungen lassen sich aus ihrer Beantwortung folgern? Wenn die ersten beiden Fragen auf Personen zielen, so verweist die dritte Frage nach Strategien, Konzepten und zweckmäßigen Schritten auf intendierte Lösungen, mithin leuchtturmartigen Orientierungspunkten in der 



>Forum Bellevue

Bundespräsident Steinmeier mit Susan Neiman, Direktorin des Einstein Forums / Potsdam, Parag Khanna, Richard von Weizsäcker Fellow / Robert Bosch Academy Berlin, Heinrich August Winkler, Professor em. für Neueste Geschichte / Humboldt-Universität zu Berlin


unübersichtlichen Landschaft lebensalltäglichen Handelns. Das verwundert, denn wenn der Westen sich globalpolitisch zwischen dem alten, jenseits der EU Grenzen befindlichen Osten und in anderer, westlicher Richtung dem Fernen Osten befindet, wobei sich auf der planetaren Südhalbkugel ein weiterer nicht zu vernachlässigender Angelpunkt der okzidentalen Welt verorten lässt, dann wird schon deutlich, dass es sich weniger um Landmassen handelt als vielmehr um Menschen und die sie ausbildenden Kulturen, Staaten, Ökonomien, Religionen und, ja, Liebesgewohnheiten. Das verwundert noch mehr, denn die Frage „Welche Zukunft hat der Westen? wurde nicht irgendwo in einem Uni-Seminar der Kulturanthropologen oder Politikwissenschaftler gestellt, sondern sie wurde an höchster Stelle eines mitteleuropäischen Nationalstaates gestellt, denn „Der Bundespräsident“, so hallte es durch den großen Prachtsaal im doch eher militärisch steril anmutenden Amtssitz von Franky.

In diesem vormaligen Berliner Schlösslein, mit dem vielsagenden Namen „Bellevue“ sprangen die hohen Flügeltüren beidseitig von unsichtbaren Händen geöffnet auf. Das folgende Rauschen der sich gleichzeitig von ihren Stühlen erhebenden Gäste bewirkte einen unwiderstehlichen Gruppenzwang, dem ich mich nur durch einen trotzigen Affront hätte entgegen stemmen können. Mir war klar, das gemeinsame Sich Erheben war ein Relikt höfischer, um nicht zu sagen monarchischer Etikette, kurz in der ununterbrochenen Traditionslinie der staatlichen Amtsinkarnationen trat hier der durch demokratische Umwälzungen umfirmierte Nachfolger des dynastischen Souveräns höchst selbst in den Audienzsaal, der gefüllt war mit Gästen, die durch Anwesenheit geehrt, jeweils ihre eigenen, um nicht zu sagen lobbyistischen Interessen verfolgten und zwar so als fielen diese unter das US amerikanische Verfassungsgebot des Persuit of Happiness. Ich gebe zu, mich beeindruckte dieser historische Lichtblick in die Abgründe einer bei weitem nicht nur feudal absolutistischen Vergangenheit deren einstige Lebendigkeit sich mir wie durch einen Fuß in der Tür für einen kurzen Moment ahnbar machte. Derart erklärte sich mir auch Franky´s neu gewonnener Tonfall in dem er den Herrschaften einen Guten Abend wünschte. Es war sozusagen ein echt königliches, die Gnade seiner Gegenwart gewährendes Märchenbuch Guten Abend, in dem ganz persönlich mir so etwas mit schwang wie: Sind Sie also doch zu mir hier her ins Schloss gekommen? Haben Sie ihren Stolz, ihren demokratischen Stolz überwunden und sehen ein, wie ein trotzig verletztes Kind, dass es vernünftiger ist, meinem Ruf zu folgen, anstatt sich uns verweigernd abseits zu halten? Nun denn. OK, dann … am liebsten hätte er gesagt … an die Arbeit, angesichts eines waschechten Oblomows wie ich einer bin verbot sich dies jedoch von selbst, so dass es zu einem: OK, dann schauen wir mal, degenerierte. Franky wusste, mit leistungsorientierten Forderungen war nicht nur den jungen Leuten kaum beizukommen, vor allem jedoch mit seinem Polit-Gelabber, seiner Demokratie Debatte, konnte er weder Oblomow von seiner warmen Ofenbank locken noch bei dessen Sabrina einen Blumentopf gewinnen. Die Oblomowerei steht ja nicht nur für das arbeitslose Leben der Menschen im Osten, vielmehr wäre sie schon einen Schritt heraus aus Resignation, Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit einer sich immer noch am Modell der steuereinbringenden Berufsarbeit orientierenden Gesellschaft, die eben genau diese Einkommen gebenden Festanstellungen nicht bis kaum mehr zu bieten hat. Dass die Sozialdemokraten, zu deren Oberrepräsentanten Franky durch seine präsidiale Amtsübernahme avancierte, eben genau auf dieses gesellschaftliche Mehrheitsbild beruflicher Arbeits- und Angestelltenverhältnisse festgenagelt war, weil sich die Sozialdemokratie nach wie vor als deren Sprecher sah und weil es ihr sie wählendes, also Amt und Einkommen gebendes Klientel war, Perfekt, war, obwohl ihr die prekären Arbeitsverhältnisse Land auf, Land ab, diesen Boden, um nicht zu sagen den roten Teppich auf dem sie stand unter den Füssen wegzogen, ließ sie durchfallen in der Wählergunst. Die Frage seiner Partei war es also, was kreierte Lebenssinn in regelgeleiteten Strukturen, die einerseits notwendig andererseits aber unüberwindlich die durch die Massenmedien gepriesenen Lebensmodelle nicht erreichen ließen. Kurz, seine Partei nagelte die Leute auf etwas fest, was es so selbstverständlich nicht mehr gab: Berufsarbeit, Festanstellung, glückliche Kern-Familien mit Eigenheim, Auto, Urlaub und gesicherte Kinderauszeit als auch Altersversorgung. Das gab es allenfalls noch in Franky´s Diensten, wobei galt, um so weiter weg vom Zentrum seiner Entourage, also weg von ihm, um so mehr Stress, Ungemach und Angst. Obwohl sich sein System noch weit entfernt von italischen Clan-Verhältnissen blühend im Vergleich mit anderen Präsidialsystemen entwickelte, zeigte sich am Aufruhr an den Gesellschaftsrändern, es ging nicht mehr so weiter.

Wie holt sich nun ein König Rat, guten Rat, mittels dessen er eine weise Politik zum Wohle des Ganzen, was unweigerlich zum All-Einen, zum „Tat tvam asi“ und damit zur Aufhebung der Dualität weltlichen Seins führt, umsetzen kann? Nun, er lässt durch seine Herolde, die mit Nobelpreis Trompeten Fanfaren durch die Lande ziehen, verkünden, er lade die größten Weisen dieser Welt in seinen Palast zu einem lehrreichen Plausch, zu einem medienwirksamen und im Polit-TV-Channel übertragenen Staatsevent, den, wie bei Hof zu erfahren, die nicht-exekutiven Staatspräsidenten der Europäischen Union bei ihrem Arraiolos-Treffen nun mehr Reih um, quasi wetteifernd um die besten Ratschläge, vereinbarten durchzuführen.

Zu Franky´s erstem großen Rat der Weisen kamen nun drei besonders windige Vögel des Geisteslebens eingeflogen: Ein weiser Alter, der sich mit der Vergangenheit als einer nicht abgeschlossenen, über die Gegenwart in die Zukunft fortwirkenden Geschichte befasst, eine feinsinnige Dame, die sich mit den Abgründen der Kant´schen Vernunft und dessen „a priori“ also dessen „von vornherein“ im Gegensatz zum „a posteriori“ auseinandersetzte. Insbesondere der Alte hielt ihrer Auffassung seine Vorliebe für das „a posteriori“ zugute, wohin gegen der dritte, ein noch junger, aber so hoch wie Saraha selbst gerühmter Weiser aus dem Morgenland, sich angesichts der Brisanz dieser Thematik eher bedeckt hielt, was durchaus als Rücksichtnahme auf seine jüngere und in ihrer wilden Schönheit an Dakini erinnernde Gattin zu verstehen war. Offensichtlich hätte er dann von ihren und seinen Vorlieben sprechen müssen, weshalb er vielmehr die technischen Aspekte des Wie zum Gegenstand seiner Betrachtungen erhob. Man darf sich vorstellen, dass diese Erörterungen auf höchstem Niveau staatspolitischen Denkens dem Laien wie die sieben Schleier der Salome erschienen: Denn die nackte Wahrheit der Schönheit des Lebens verdeckend angesichts von Wirtschafts-Desastern, Umwelt-Katastrophen, Armut, Krankheit, Hunger, Krieg und Tod, stellt die von Erstickung durch Arbeit, Kontrollwahn und Stress bedrohte Befreiung der Lebenslust das eigentliche Problem dar, das seiner Meinung nach eben nur durch eine effiziente, um nicht zu sagen nachhaltig sozialökologische Verwaltungstechnologie des Lebenszeit-Managements zu bewerkstelligen sei. Umgemünzt auf staatsphilosophische Demokratieansätze vertrat er damit die technokratische Verschlankung des Staatswesens a la Singapur, nicht jedoch des Brüsseler Wasserkopfs gegenüber einer konzernokratischen Option a la polit-ökonomischer Milliardärsherrschaft, deren profitorientierte Autoritäts- und Führungsstrukturen einzig auf hereditärer Genealogie beruhen, aber und dies bleibt zu betonen, der Oblomowerei als dynastischer Dekadenzerscheinung mit Stolz auf einige Elitenbildung zu wider läuft.

Ich staunte, dass Franky solche Schwergeburten des Geistes mit Links zu nehmen wusste, denn trocken transformierte er den Sinngehalt solcher Globalanalysen in die lebensweltliche Alltagssprache der Bildzeitung lesenden Serviererin, die Geschichten liebe, in denen ihr Schmusekätzchen Milch tretend und Mäulchen leckend schnurrte, weil sie der schlanken Siamkatze mit ihrem Platz auf seinem Schoß zuvor gekommen war. Es entzieht sich meinen intuitiven Erkenntnissen, ob besagte Siamkatze a priori oder a posteriori, wenn nicht gar gleichzeitig während dieser Darlegungen schnurrend an seinem Öhrchen leckte, einfach weil sie unbeeindruckt von der anderen ihren Bedürfnissen nachkommt, auch ist mir nicht klar, um wessen Schoss es sich handelte, was ich bezeichnend finde, denn es könnte sich sowohl um Franky´s Schoss als auch allegorisch um den Schoss des Westens als auch um den Schoss jenes den Westen par excellence America first repräsentierenden Milliardärsschoss handeln. Offen bleibt zudem, um was für Kätzchen es handelt, wenn sie sich nicht gar als auf Jagd befindliche Raubkatzen entpuppen, die sich in polyamorer Weise über ihr Opfer hermachen.

Die Podiumsdiskussion hatte damit ihren aussagekräftigen Abschluss bezüglich der Zukunft des Westens unter dem Gesichtspunkt meiner speziellen Forschungsfrage der Liebesgewohnheiten gefunden. Die erlauchte Gesellschaft begab sich zum Empfang in die angrenzenden Salons, livrierte Damen und Herren reichten auf silbernen Tabletts Getränke und Small Häpps, wobei sie diese kunstvoll jonglierend zwischen den Gesprächsgrüppchen feil boten. Mir zeigte sich einmal mehr, wie sehr von Vorteil es ist in Begleitung zu erscheinen oder aber einige Bekanntschaft in den Lobbyistenkreisen der Hauptstadt zu pflegen. Denn wenn in solchen Situationen die Standardfragen des Who is who vordringlich, insbesondere demjenigen zu Tage treten, der sich dem fremden Anderen zuzuwenden hat, weil er ansonsten allein am Steh- und Gesprächstisch an seinem Weinglas nippt, dann wird auch das Spannungsfeld von Kooperation und Konkurrenz der aneinander geratenden Repräsentanten von Firmen, Institutionen, NGOs, Ministerien, TV-Sendern und Internet-Blogs deutlich. Ohne Zweifel war Franky die maßgebliche Hauptperson, schwergewichtig von staatstragender Bedeutung, umgeben von einer professionellen Crew, die sich erfrischend um nicht weniger als den erheiternden, geselligen, zwanglosen Gesprächsaustausch der Gäste kümmerte. Er bildet mithin so etwas wie ein begehrtes und zugleich mit Bangigkeit und Vorsicht abgewehrtes Gravitationszentrum in den von erwartungsvollem Stimmengewirr erfüllten Räumen, nicht zu letzt weil alle ihn kannten, eben wie das Geburtstagskind auf einer Party auf der die aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsecken kommenden Gäste einander teilweise fremd waren, zudem jedoch weil es offensichtlich einigen darum ging, ihm mehr als nur die Hand zu schütteln. Sich und die vertretene Sache ihm bekannt machen, ihm, dem Bundespräsidenten, von dem doch alle wussten, dass er de facto machtlos war, da er mit seiner überraschenden Berufung ins höchste Staatsamt hinweg gelobt worden war, so in etwa wie der französische Präsident seinen schärfsten Konkurrenten Strauss-Kahn nach New York zum IWF schickte, um ihn für das französische Machtgefüge zu neutralisieren und wo er schließlich wegen sexueller Übergriffigkeit ausgeschlossen wurde. Kurzum, viel versprechen konnte man sich von diesem so netten, geistreichen Gesellschaftsabend nicht, aber schaden würde es genauso wenig wie ein Moiré Seidenband aus seiner Hand. Das war genau die Balance, die garantierte, dass der Abend ein voller Erfolg würde. Oszillierend zwischen Geschäftsinteressen einerseits und Austausch neuester Infos andererseits, versprach das politische Hochparkett des Ortes mit jeweils den maßgeblichen Entscheidungsträgern selbst im Gespräch zu sein. Es nährte die Illusion, derart nicht nur politischen Einfluss ausüben zu können, sondern, weil man seine Sache wechselseitig in den kommunikativen Prozess einbringen, also zu Ohren, wenn auch nicht unbedingt in seine aller höchsten bringen konnte, dass derart die eigene, durchschlagende Message, die die Lösung zumindest der meisten Global- und Lebens-Probleme darstellte, als Input eingegeben und deshalb das entsprechende Ergebnis dieses lebendigen Großrechners erwartet werden könnte. Wie gesagt, in meinem Fall war es der auf die Liebesgewohnheiten gerichtete Fokus. Nicht nur dass ich eher Unverständnis und sich abwendendes Schulterzucken erntete, einfach, weil – das ging zu weit, sondern meine Beschreibungen sprechen für das Ergebnis selbst: Sie lassen auf einen grundlegenden Mangel an Liebe schließen, weil sie in diesen Kreisen ausgegrenzt einzig zu Hause ihren Platz hat und dort im Stillen, insbesondere vor den Kindern verheimlicht, ein Schattendasein führen muss, wenn sie denn nicht gestorben ist, eingegangen, um dann andernorts wieder heimlich aufzuleben. Mit solch einem Thema ins Gespräch zu kommen ist freilich nicht ohne, denn die offiziösen Verlautbarungen der Gesellschaftsspitzen sind nicht nur statistisch objektiv, sie sind vor allem gedeckt durch abgeschliffene Professionalität. Insofern verwunderte mich nicht das Empfinden, dass wenn ich mich denn dann im Gespräch befand, dass dieses drohte schon im nächsten Moment abzureißen. Nun gut, zum einen lag das an der Zappa Mentalität des Springens von einer Attraktion zur nächsten, weil Konzentration kaum möglich war und das aufgespaltene Bewusstsein zwischen mindestens sechs marktschreienden Wahrheitsansprüchen: der Tischnachbarin, Franky, dem Weisen aus dem Morgenland, der hübschen Serviererin, dem TV-Chef und der Multi-Milliardärin, hin und her gerissen wurde. Zum anderen jedoch: Wer war ich schon?, in diesen erlauchten, so bedeutungsvoll mächtigen Gesellschaftszusammenhängen in denen der höfische Rang der Postmoderne sich wie eh und je an Vermögen, Herkunft, Position, gebildeter Umgangsweise, Schönheit als auch Prominenz, also sich nach Bekanntheit und Gunst bemaß. Erstaunlicher Weise wandte sich keiner der Gesprächspartner ab, allenfalls hatten sich die weiblichen Konversationspartnerinnen formvoll verabschiedet, was ich ihnen freilich nachsehend nicht zum Vorwurf mache, mich aber momentan ins gesellschaftliche Nichts und dies auf offener Bühne vor den Augen aller fallen ließ wie ein verloren gegangenes Taschentuch. Im folgenden die Empfindung von geradezu waghalsigem Mut sich Menschen anzunähern, die selber um Aufmerksamkeit heischend, eher abweisend über herunter machend bis vernichtend ihre in diesem abendlichen Gesellschaftskampf errungene Stellung in der chemisch so instabilen Verbindung ihres situativen Gesprächsgrüppchens zu wahren suchen und nicht freiwillig bereit sind, einem Neuen Platz zu machen, zumal wenn dieser unverfroren Worte, Fragen, an sie richtet, die die Etikette fordert zu beantworten, da sie laut und deutlich, klar und verständlich vorgebracht wurden, was allerdings den Nachteil in sich barg als Fragen stellender Journalist ein- und abgestuft zu werden. Dass besagter Mut von der gegenläufigen Feigheit, es eben nicht zu wagen, bei anderer Gelegenheit konterkariert wurde, zeigt die zwei Seiten derselben Medaille auf Moirégrund. Es schicke sich nicht, kann ich gleichermaßen als Grund anführen und zwar so als beruhe es auf der intuitiven Wahrnehmung eines mir bewusst nicht ersichtlichen Geschehens zwischen jenen miteinander verwickelten Gesprächspartnern, von denen, der Erinnerung nach, mich eine Generationenschwelle trennte.

Aus den Gesprächen ist mir die Diskussion der Flüchtlingskrise in Erinnerung. Ihre Dimensionen treten deutlich im „Gedicht“ anbei in ihrer Bedeutung für die bevorstehende Bundestagswahl, unter deren Vorzeichen der Abend stand, zu Tage. Ebenso die anstehenden Festlichkeiten zur Einweihung der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes, die mit einer wahrlich beeindruckenden Digital-Architektur am Rande der Berliner Mitte das ostdeutsche Trauma der Stasi Vergangenheit ins Zeitalter umfassender Datenüberwachung transponiert. Ich staunte nicht schlecht jemanden erwidern zu hören, man könne den BND doch auch mal als so etwas begreifen wie die staatliche Polizei, nämlich als Freund und Helfer, also als eine Einrichtung, die für uns und unser gemeinsames Wohl arbeite. - Es frage sich wohl, wer da für wen arbeite, war am Gesprächstisch die mit einem süffisanten Lächeln bündig quittierende Replik einer charmanten Dame.

Das war ein Argument, dass mich in seiner Brisanz an ein anderes, zu den Gefilden des Auswärtigen Amtes gehörendes Tischgespräch erinnerte: Die deutsche Rüstungsindustrie sei notwendig oder solle der grundgesetzliche Auftrag der Bewaffnung der Bundeswehr durch ausländische Firmen erfüllt werden?, wobei die deutschen Panzer von Rheinmetall neuerdings in der Türkei gebaut und von dort importiert würden. Derart seien auch keine Waffenexport-Genehmigung für den NATO-Partner Türkei als auch andere Interessenten mehr notwendig. Hört! Hört!, erwiderte einer am Tisch.

Abschließend verweise ich auf die „objektiven“ TV-Mitschnitte der Veranstaltung. Sie erlauben Ihnen, sich ein eigenes Bild zu machen. Als ich etwa bei 4 Minuten 6 Sekunden des Mitschnitts die von mir beschriebene Szene des Eintretens des Bundespräsidenten nun mehr im Fernsehen sah, wunderte ich mich, so gar nichts von jenem monarchischen Tonklang zu hören, den ich doch aber in der Situation vernommen hatte. Wo war der geblieben? Oder anders gefragt: War das alles nur Einbildung? Subjektive Verzerrung? Offensichtlich klafft zwischen unmittelbarer Situationswahrnehmung und mittelbarer TV-Wahrnehmung eine Kluft. Sie ist nicht technischer Natur in dem Sinne, dass die technisch vermittelten Eindrücke schlechter oder weniger rein wären. Vielmehr lässt sich die Differenz mittels der quantenphysikalischen Feldtheorie erklären: Die Teilnehmer eines Geschehens, eines Events, bilden ein gemeinsames Feld sich angleichender Schwingungen, Stimmung, Bewusstsein, Verhaltensweisen etc. aus. Es ist einem Musik-Konzert mit jubelnden Zuhörern vergleichbar. Ohne Frage kann die Live-Aufnahme auch später noch begeistern und doch wirkt sie in einen anderen situativen Innenraum des Zuhörers hinein. Man steigt eben niemals zweimal in denselben Fluss.


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