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Partei Untergang und stromauf ein grünes SignalWasserstrassen

Leipzig / Jahnishausen im November 2010, DG

Leipzig hat etwas zu bieten zum Beispiel die Polit Veranstaltung „Das Leben ist bunter“ mit den drei Leipziger MdB Frauen Barbara Höll, Monika Lazar und Daniela Kolbe - im Scherz dachte unser Korrespondent Uli Hartmann, es seien die drei Hexen aus Shakespeares Macbeth, ein Theaterstück, dass er im von Kürzungen bedrohten Leipziger Centraltheater sah. Insbesondere die junge SPD'lerin, die MdB'lerin Daniela Kolbe, schien ihm einige Hexenkünste zu bemühen, um für ihre Partei zu werben. Angesichts der Schwierigkeiten und Widersprüche ihrer Partei, die sie unumwunden eingestand und gar anprangerte, war zu erkennen, dass es abwärts ging mit der alten Tante SPD, so nannte sie ihre Partei. Es seien einige Entscheidungen getroffen worden, die sie selber nicht teile, was sie aber nicht dazu bewegte ihre Parteidisziplin, sprich ihren Gehorsam angesichts des Fraktionszwangs aufzugeben. Gemeint war nicht nur der nach wie vor unbereinigte und von manchen als Ursprungszerwürfnis angesehene Eklat Schröders und Lafontaines von 1998, auch nicht die Hartz IV Gesetzgebung, sondern insbesondere die vielen kleinen, zum politischen Alltagsgeschäft gehörenden Streitereien, die sich die SPD und die Linken leisteten. Angefangen bei der Einbringung von gemeinsamen Gesetzesanträgen und Initiativen, über die Bundespräsidentenwahl bis hin zur Sabotierung der Bildung von tolerierten und gemeinsamen Landesregierungen wie in Hessen 2008, handelt es sich um eine lange Liste.

Wenn es so weiter ginge, stand im Raum, würde die Erosion der SPD Parteibasis ihren machtvollen und gesellschaftlich etablierten Überbau in sich zusammen stürzen lassen. Wollt ihr das wirklich?, lautete demnach die Frage an die der SPD näher stehenden Menschen in Ost und West, ob sie nun Sympathisanten, einstige Wähler, oder Parteimitglieder waren. Könnt ihr euch ausmalen, was es heißt, wenn diese altehrwürdige Partei in sich zusammen bricht? Für einen Moment stand diese Frage drohend wie eine dunkle Wolke am Himmel, dann lachte jemand auf und fragte zurück, was sei das für ein Schmarren, was soll denn da noch groß zusammen brechen nach dem ihr schon alles nieder gerissen und demontiert habt, wofür diese Partei stand? Beifälliges Murren tönte aus der Menge, auch wenn allen klar war, es konnte noch schlimmer kommen.

In den schwellenden Ruinen, die besagter Herr herauf beschwor, regte sich eine Gestalt, rußig ihr Gesicht. Sie wandte sich ab und ging den Weg Richtung Kirche. Nicht schlecht, vielleicht ließ sich dort der verloren gegangene Glaube wiederfinden oder einfach nur eine Heimstatt. Geh! Geh nur, tönte es ihr nach. Das waren die ohne Gott und Firlefanz. Aber auch anderen wurde es mulmig, vom ungebrochenen Stolz ließ sich nicht gut leben. Lieber nachgeben, lieber aufgeben, als leiden, als entbehren, als das karge Brot des Widerstands kauen. Und sie gingen. Nur der Alte blieb in seiner Burg und die Burg blieb stehen. Sie kümmerte einfach niemanden, ein altes Gemäuer, noch bewohnt, doch halb verlassen, unbeachtet vom Geschehen der Zeit. Sie wurde nicht angegriffen, nicht geschleift, sie wurde einfach nur überholt von der Entwicklung.

Starb in alten Zeiten ein König und übernahm der Sohn, wenn denn ein volljähriger Nachkomme vorhanden war, das Zepter, vollzog sich ein Wandel, der den Menschen erst allmählich deutlich wurde. Das Regierungsschiff behielt oftmals seinen Kurs bei, denn wohin sollte es im europäischen Staatenverbund der pentarchischen Ära auch ausscheren, ohne mit anderen zu kollidieren. Wenn ein Zeitenwandel also nur schleichend und langsam bewusst wurde, so weil das Bestehende meist blieb wie es war und Veränderungen sich allenfalls an Entscheidungen zu und Reaktionen auf gegenwärtige Probleme zeigten.

Auf der Versammlung wurde gesagt, es sei bisher undenkbar gewesen, dass die Grünen den OB in Berlin stellten, dass die SPD Juniorpartner in einem größeren Bundesland würde, ob nun von den Grünen oder von der Linken. Bis lang war dies undenkbar gewesen.

Uli Hartmann dachte an ein Gespräch mit Wolfgang Tiefensee, den SPD Bundesminister a.D.. Wie demontiert der ihm vorkam, so ohne Amt, nun gut, vor allem aber ohne Basis, fast wie ein Hochstapler, weil er mehr zu sein schien und größer auftrat, als er in Wirklichkeit war. Eine Gestalt, die von der Vergangenheit zehrte, die manchmal noch ein Licht auf ihn warf.

Hatte es in den Anfängen der sozialen Bewegungen nicht immer eine Vielfalt von Gruppen gegeben? Wenn eine große Partei zerfiel und sich in ihre Bestandteile auflöste, dann nahmen die darin enthaltenen Gesellschaftsbewegungen doch nur wieder ihre alten Formen an.

Es waren krude Gedanken, in Stuttgart sah die Sache ganz anders aus, erst Recht in Düsseldorf, vor allem aber weiter östlich in Riesa an der Elbe. Dorthin schickten wir Uli Hartmann in die Lebens(t)raumgemeinschaft Jahnishausen. Wie sah die politische Landschaft aus diesem Blickwinkel aus?


Das Grüne Zeichen stromauf

Als Uli Hartmann am Morgen in den Eßsaal der Lebensgemeinschaft zum Frühstück kam, schaute er zuerst nach der Zeitung. Lediglich das Regionalblatt, die „Sächsische Zeitung“ hatte den Weg durch die verschneite Landschaft ins Rittergut geschafft. Eine Schlagzeile sprang ihm ins Auge: Grüne kündigen den Koalitionsvertrag mit der CDU in Hamburg. Er las den Artikel, dann machte er sich sein Frühstück, schaute, zu wem er sich an den Tisch setzte und wählte Walter aus, ein Mann im besten Alter, der ihm durch seine hohe Stirn und rechteckigen Kopf für einige Intellektualität stand. Kam saß er, erzählte er von den Hamburger Ereignissen. Es entspann sich eine Diskussion, die weit in die Historie zurückgriff, bis zum Hamburger Ernst Thälmann und dem KPD Verbot in den 50er Jahren. Das hätte er nie verstanden, sagte Uli, dass mit dem KPD Verbot dann tatsächlich alles verschwunden wäre von dieser bedeutenden Partei. Da habe bestimmt doch etwas weiter gelebt. Walter erzählte von einem jungen Mann in seiner Jugend, der ihm von Thälmann erzählte. Die wussten das also noch, es war familial und im Milieu weitergetragen worden.

Dass das Gespräch diese Wendung nahm deutete Uli dahin gehend aus, dass die „Sächsische Zeitung“ zwar die SPD favorisieren wollte, der Niedergang der SPD jedoch unweigerlich dazu führen würde, dass sowohl die Grünen als auch die Linke von den abwandernden Wählern der SPD profitieren würden. Offensichtlich zeigten die Umfragen der letzten Wochen, dass erdrutschartige Veränderungen vor sich gingen, dass also eine Entwicklung hin zu einer Entschiedenheit in Gang gekommen waren, die die bisherige sich selbst verschleißende Situation der drei im linken Lager konkurrierenden Parteien dahin gehend auflöste, als dass die SPD in der Gunst der Wähler eingestampft wurde.

Angenommen eine solche Entwicklung würde sich im tatsächlichen Wahlverhalten durchsetzen und eine SPD kreieren, die in den anstehenden Landtagswahlen um 15 %, um 10%, um 7%, erhielt, so wäre dies für die SPD nicht nur katastrophal, sondern ließ fragen, welche Personen im Berliner Parteivorstand übrig blieben und den Ton angeben würden? Die Positionierung der SPD als einer von den Grünen und der Linken zerriebenen und gebrochenen Partei liefe wahrscheinlich auf den Versuch hinaus, ihre Reste als eine Mittelstandspartei des aufgeklärten Bürgertums im Zusammenspiel mit der Kanalarbeiterfraktion zu etablieren, also jenen Kräften, die in Hessen die Bildung einer rot-grün-roten Koalition hintertrieben hatten. Ich vermag mir nicht vorzustellen, dass eben diese Leute als Juniorpartner mit den zuvor vehement bekämpften Linken und Grünen koalieren und eine Regierung bilden können, meinte Walter.

Die andere Variante einer grundlegenden Reinigung der Partei, die auf eine weiter links ausgerichteten Politik hinausliefe, meinte die Übernahme der Positionen der Linken. Wieso sollten die Leute jedoch die Partei wählen, die sie als Verräterin an ihren eignen Grundsätzen erlebten, wenn demgegenüber die Linke als zuverlässig und vertrauenswürdig dafür galt, die Politiken für ihr Klientel durchzusetzen?

Wie auch immer, meinte Walter: Die SPD wird zur Mehrheitsbildung gebraucht, egal ob sie nun stärkste oder kleinste Kraft in einem solchen Bündnis ist. Diese Positionierung verleiht ihren Argumenten einiges an Kraft. Eine große Koalition mit der CDU ist besagten Parteikräften nach wie vor zuzutrauen. Es geht also um die innerparteiliche Ausschaltung jener unversöhnlichen Kräfte der Kanalarbeiter. In Leipzig ist das z. B. Wolfgang Tiefensee. Damit stand Walter auf, sagte noch: Auch wenn die Grünen den Koalitionsvertrag mit der CDU in Hamburg aufkündigen und damit ein weiteres deutliches Zeichen für einen Politikwechsel setzen, so hat das für unsere ganz lokalen Verhältnisse in hier erst mal keine Bedeutung. Ciao, ich muss jetzt los, Lichtkabel installieren. Damit war der Ausflug in die Politikentwicklungen fürs Erste beendet.




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